Lies, wenn du kannst Strategien gegen Grundbildungsdefizite. Good Practice 2000/19

Lies, wenn du kannst
Strategien gegen Grundbildungsdefizite. Good Practice

Tarzan und des Bahnwärters Töchterlein oder Der schwierige Weg zur Schrift
Jürgen Genuneit

„Hiiiiiiiouuhoooo“ – sicherlich haben Sie diesen Schrei gleich als den berühmten Tarzanschrei identifiziert und erinnern sich zurück an die Tarzan-Comics Ihrer Jugend, an die Tarzanfilme mit Johnny Weissmüller und Lex Barker und vielleicht auch an einen der 26 Tarzan-Romane des Amerikaners Edgar Rice Burroughs (vgl. Schiele; Porges). Aber wie Tarzan lesen und schreiben gelernt hat, daran erinnert sich meistens kaum einer (vgl. Genuneit 1994).

Tarzans unglaubliche Lese- und Schreiblerngeschichte steht in dem ersten Band der Romanserie „Tarzan bei den Affen“, der 1912 zum ersten Mal erschien, und wurde in den Tarzan-Comics wieder aufgegriffen (Burroughs 1976, 1983, 1994, S. 49-67; Bono). Tarzan war bekanntlich als Säugling von den Affen geraubt und großgezogen worden. Von ihnen lernte er auch die Affensprache, die lediglich auf einer reduzierten mündlichen Basis bestand. Auf seinen Streifzügen durch den Dschunge entdeckte der Zehnjährige die Hütte seines Vaters und dort findet er eine Fibel.

Mit Hilfe der Bilder und der Bildunterschriften, deren Buchstaben er zunächst für „eine seltene Art Käfer“ (Burroughs 1994, S.51) hält, bringt er sich selbst das Lesen bei, was ihm bei denjenigen Abbildungen, die er aus der Dschungelwelt kennt, leichter gelingt als bei „Eisenbahn“ oder „Schiff“ – eine wichtige Bestätigung des in der Erwachsenenalphabetisierung angewandten Spracherfahrungsansatzes, der die Alltagserfahrung des Lernenden zum Ausgangspunkt des Lese- und Schreiblernprozesses macht
(vgl. Wagener/Decroll).